Einen Streit vom Zaun brechen

06.06.2014 21:57

Einen Streit vom Zaun brechen

 

 

Unlängst ging mir meine Frau unheimlich auf die Nerven. Sie laberte mich den ganzen Abend an. Egal was ich tat, ob fernsehen oder lesen oder beim Computer sitzen oder einfach nur eine Tasse Kaffe trinken, sie quatschte mir die Hucke voll.

 

Petzi, warum machst du nicht dies, oder: Petzi, warum schaust du nicht auf das… … jetzt hast du schon wieder…

 

…laber, laber, laber.

 

Ich habe einfach keine Ruhe gefunden. So brach ich einen Streit vom Zaun. Aber gleich einen Ordentlichen, sodass sie mit mir kein Wort mehr redete. Zumeist dauert diese Situation Tage. Ich nenn’ sie: „Die stillen Tage von Clichy“.

 

Wie angenehm!

 

Lediglich Höflichkeitsfloskeln werden ausgetauscht. Also wenn sie nach Hause kommt, erwähne ich ein Servus. Da kommt dann ein Hallo zurück. Oder, sie fragt mich, was hast du am Freitag vor? Ich antworte kurz: Schreibwerkstatt. Die Situation ist eine Wohltat für die Seele. Ich genieße es…

 

Aber nach dem letzten Streit dauerten die Stillen Tage von Clichy lang – sehr lang.

Es ging bis in die dritte Woche hinein. Mir wurde schon langweilig.

Ja und als ich eines Tages am Computer saß und nach einem Programm im Netz suchte, das meine Kaffeemaschine automatisch einschaltet, den Kaffe brüht, in eine Tasse Kaffe, Milch und zwei Löffel Zucker gießt, umrührt, austrinkt und abschließend die Tasse in die Abwasch stellt, öffnete sich ein Pop-Up Menü und ich bekam zu lesen:

 

Langweilig?

Reden sie mit ihrer Frau, mit ihrem Mann nicht mehr viel?

Ödet sie die Ehe an?

 

Wenn Sie 3 Mal mit Ja antworten, haben wir für sie die Lösung!

Klicken sie den untenstehenden Button an!

 

Ich überlegte und dachte so bei mir:  Langweilig – Ja! Reden? Ja! Anöden? – Jein, so sicher bin ich mir nicht!?! Ich wurde neugierig und klickte den roten, blinkenden Button an und Schwupps war ich in einem Chatroom.

 

Eigentlich interessieren mich Chatrooms nicht. Ich bevorzuge das Internet als Infozentrum für meine Hobbys. Aber mir war gerade langweilig und die lustigen Nicknames wie, „“Pudelmütze“, „Schokotiger“, „Wolkenmaus“ oder „Feenseele“ machten mich neugierig. Ich beobachtete vorerst mal das Geschehen.

 

Aber hallo, da wurde ganz schön geflirtet. Diese „Feenseele“ scheint eine freche Seele zu sein, und der „Schokotiger“, der geht ganz schön ran. Da werden sogar Mailadressen ausgetauscht.

 

Ich hab’ so mal eine ganze Weile zugesehen, bis mir eine besondere Chatterin auffiel. Sie nannte sich „Christl von der Post“. Nachdem, was sie bisher von sich gegeben hatte, schien sie eine nette, intelligente, lustige Type zu sein. Ich wagte den Schritt und schrieb sie an:

 

Hallo, Christl von der Post.

 

Hallo! – Kam es zurück.

 

Darf ich mich vorstellen: Ich bin ein einsamer Wolf, so wie bei Lucky Luke – I am a poor lonesome Cowboy! – hämmerte ich in die Tasten.

 

Ja und ich bin ein süßes Mädl, dass mit einsamen Wölfen recht gut umgehen kann. Freches Grinsen! – schrieb die Postchristl zurück.

 

Nein, Spaß beiseite, so einsam bin ich nicht. Hab’ zwar einen großen Bekanntenkreis, doch irgendetwas fehlt noch.

 

Was soll schon fehlen, was es nicht gibt. Aber ich kann mir vorstellen, was dir fehlt – ein Cowgirl, so wie ich – postete die Christl.

 

Also liebe Christl du kommst ja gleich direkt auf den Punkt. Und was soll ich sagen – es stimmt!– schrieb ich mit zittrigen Fingern und freute mich, dass wir einen gemeinsamen Draht gefunden haben.

 

Siehst Du, hab’s mir gleich gedacht und gegen den Fehler können wir was tun… - schrieb sie zurück.

 

Was gedenkst Du zu tun? – tippte ich in die Tasten.

 

Wie wärs mit einem Treffen? – schrieb dieses freche Ding.

 

Treffen ist angesagt, und wo? – bemerkte ich und war von der Direktheit fasziniert.

 

Nun, wie wär’s mit Morgen um 18.00 Uhr im Café Weidinger – schrieb die Postchristl.

 

18.00 Uhr, Weidinger, gebongt, Tschau bis Morgen. – schrieb ich zurück und beendete den Chat.

 

Nun, was soll ich sagen, das Programm für meine Kaffeemaschine habe ich nicht gefunden.

Dafür aber ein Date mit einer hochintelligenten Frau.

 

Natürlich erwähnte ich kein Wort davon zu meiner Angetrauten. Sie schwieg sowieso noch immer. Ich sagte nur, dass ich morgen Abend noch einen Fototermin habe. Es schien mir, als wenn ihr das nichts ausmachen würde, denn sie meinte trotzig, sie hätte auch einen Termin.

 

Am nächsten Tag machte ich mich fesch. Es sei hier festgehalten, dass ich sowieso ein fescher Kammp’l bin, doch für ein Date denk ich mir, ist ein Tuning notwendig. Ich roch, als wär' ich in ein Parfumflasch’l gefallen. Gestylt machte ich mich auf den Weg ins Weidinger.

 

Als ich das Kaffeehaus betrat, schweifte ich mit einem Blick über den Raum. Ja was soll ich sagen, mir fiel sofort eine Person auf, eine Weibliche natürlich. Es war vorerst nur ihr Rücken, den ich zu sehen bekam, doch schon bei diesem Anblick gab es gleich einen Stich in meinem Herzen.

 

Mutig trat ich an den entzückenden Rücken, wickelte den Strauß Rosen aus dem Cellophan und sprach: Hallo Cowgirl – Wie gehts?

 

Doch war mein Erstaunen groß und mir blieb der Mund offen, als sich die Christl von der Post mit dem Gesicht zu mir drehte. Vor mir saß meine herzallerliebste Frau!?!